FOrchheim das Eingangstor zum Naturpark Fränkische Schweiz
Trockental [ Bild > Klick | Zurück zur Auswahl ]
Heroldsmühle | Heiligenstadt | Google Maps
2008
2006
Großer Tummler
Kleiner Tummler
2005
Laibarös
Poxdorf
Tummler und Hungerbrunnen
Was ist das eigentlich?
In den Lexika und im Duden findet man unter dem ersten Namen nichts, unter dem zweiten kaum etwas. Einzig in der Literatur über den Jura erscheinen öfters die Tummler, allerdings nur mangelhaft beschrieben. Im Internet kann über verwandte Termini wie Bröller und Brutzler nachgelesen werden.
Bereits Joseph Heller hatte sich 1829 in seinem Handbuch "Muggendorf und seine Umgebungen oder die fränkische Schweiz" mit dem Thema befasst. Zur Klärung: Es bezieht sich auf Karstquellen, die in Trockenperioden selbst über Jahre hinweg versiegen können. Umgekehrt erwachen sie jäh nach starken Niederschlägen und vor allem bei der Schneeschmelze. Nach altem Glauben der Bauern gab es eine Teuerung wenn die Hungerbrunnen vor der Ernte nach schweren Regenfällen ausnahmsweise "schütteten", die Felder unter Wasser setzten und deshalb die Früchte verdarben. So konnte es damals zu "Hungernöten" kommen. Deshalb wohl die Bezeichnung.
Wie unterscheiden sich Zwillinge? Die Hungerbrunnen "schwallen" nur und fließen ab; zu Tummlern werden sie, wenn sie sofort eine Fontäne hoch schleudern. Sind sie "in Betrieb", verursachen sie meistens erhebliche Überschwemmungen.
Hungerbrunnen finden sich vereinzelt an den Flanken des Albtraufs bis hinunter ins Tal. Im Berginnern speichert sich nach Regenfällen oder bei Tauwetter in Hohlräumen des erodierten Kalks das Wasser. Dieses steigt in einem Gang schließlich bis zu einem bestimmten Horizont. Wird dieser bei einem Knick überwunden, strömt es auf neuem Weg nach unten und ins Freie. Es ist dasselbe Prinzip, das der Winzer anwendet, wenn er Wein mit einem Schlauch ansaugt, um ihn abzufüllen. Stehen die Fässer recht hoch oder die Flaschen tief, dann "läuft es" und es kann "am Ende" sogar spritzen [ Tummler! ].
Nach Jahren war es 2006 einmal mehr so weit. Die Regionalzeitung "Fränkischer Tag" berichtete kurz mit Bild über die regsamen Tummler bei der Heroldsmühle im oberen Leinleitertal und wenig später das Fernsehen verschiedene Male über dieses rare Schauspiel.
Der große und nebenan der kleine Tummler fluten aus einer geschichteten Kalksteinwand am Fuß des Heroldsteins hervor. Sie sind wahrscheinlich die einzigen im Naturpark Fränkische Schweiz, die in Intervallen die Attraktion zweier kleiner Geysire, eingedeutscht Geiser und fränkisch "Geuder" bieten. Nach der Wortbedeutung fehlt ihnen nur das ursprüngliche Merkmal "heißer" Sprudel. Leider springen sie ebenfalls nicht mehr wie einst, als sie eine Höhe von vier bis fünf Metern erreicht haben sollen. Die zahlreichen Besucher waren 2006 ein bisschen enttäuscht, denn die erwarteten "Springbrunnen" zeigten diesmal kaum ihr wahres Gesicht. Der Wanderer kann jedoch heutzutage glücklicherweise und gelegentlich erleben, wie sie wenigstens mannshoch schnellen. Dies geschieht nicht nur am eigentlichen "Mundloch", sondern gleichfalls unterhalb auf dem Gelände gegen die Forellenteiche zu. Ein früh breiter Bach tritt dann bei den abwärts liegenden Wiesen oft und weit über die Ufer.
Ganz oben in diesem Tal, kurz vor Laibarös am Waldrand auf der Westseite des Dolletsbergs, war noch vor einiger Zeit eine weitere, seit langem trocken gefallene Karstquelle zu erkennen.
Der letzte große Ausbruch der Tummler bei der Heroldsmühle liegt etwa 30 Jahre zurück. Ein leuchtend blauer und quirliger Strom ergoss sich über die Leinleiterquelle rasch talaus. Dabei musste er die Abwässer von Hohenpölz zusätzlich schlucken. Im Jahr 1791 rissen nach einem Unwetter die aus den oberen Gründen heranschießenden Wassermassen in Oberleinleiter einige Scheunen und die untere Mühle mit. Der Müller, seine Familie und ein Nachbar, zusammen fünf Personen, konnten bei Zoggendorf nur tot geborgen werden.
Ab und zu "spuckende" Hungerbrunnen gibt es etliche im Naturpark Fränkische Schweiz, auch wenn sie ihren Namen nach kaum bekannt sind: die "Prophetenbrunnen" bei Schirradorf, eine Karstquelle im Totental bei Haselbrunn, eine im Werntal bei Veilbronn, eine bei Großenohe in einem Nebentälchen des Trubach, der "Kurze Brunnen" und ein zweiter ungefähr 600 Meter aufwärts der Kuchenmühle im Aufseßtal, der "Bettelbrunnen" zwischen Mandlau und Prüllsbirkig, einer im Klingental bei Königsfeld, der 2006 jede Menge Wasser führte und bei demselben Dorf neben der Straße nach Steinfeld im Teichgrund der "Hohe Bronn", der im Volksmund schlicht "Hopp[Hüpf]brunnen" heißt. Schade, eine Tiefbohrung hat ihm viel von seiner Kraft geraubt.
In Aufseß und weitum wird nicht nur von zwei örtlichen, sondern allgemein von "Geudern" gesprochen. Bei Dürrbrunn auf der Langen Meile tritt ebenfalls manchmal der "Geuder" aus. Und rechts oberhalb der Muschelquelle bei Streitberg wird der Geuder "Schneiderloch" in einem Jahrzehnt höchstens einmal aktiv. Blättern wir in Chroniken, stoßen wir auf die "Wilden Brunnen" bei Oberailsfeld, die zwar nur äußerst sporadisch ausbrechen, dafür jedoch um so gewaltiger. Deswegen mussten 1769 die Dorfkirche neu erbaut und der Friedhof verlegt werden. Baumeister des Gotteshauses war übrigens der als Mitarbeiter Michael Küchels bekannt gewordene Bildhauer und Maurer Wenzel Schweser - heute die Schwesinger - aus Waischenfeld.
Eine "Steinerne Rinne" ist in Oberfranken das einmalige Exemplar einer auch sonst sehr seltenen von Hungerbrunnen. Sie kann in einem Einschnitt am Nordhang der Hohen Metze bei Roschlaub nahe Scheßlitz entdeckt werden. Im baldigen Frühjahr schwillt oder gluckert ein Wässerlein kurzzeitig bis zu 80 Meter bergab. Eingebettet ist es in einen aufgewachsenen Kalkhügel, der jüngeren Ursprungs sein dürfte. Das Juwel liegt versteckt im Wald. Trotzdem haben Vandalen daran schon "gearbeitet".
Der stärkste Tummler aber war der "Wilde Hörschel" in Kotzendorf an der Aufseß. Er schickte seine Fontäne nach Aussagen Einheimischer manchmal bis zu sieben Meter in die Höhe. Leider musste er 1937 dem damals umstrittenen Wasserleitungsbau nach Königsfeld weichen. Früher hatte sich so mancher vor dem Teufel bekreuzigt, der da aus der Hölle fuhr. Traurige Erinnerung. Der Schlund des Hörschels ist zubetoniert und inzwischen mit einem landwirtschaftlichen Anwesen überbaut. Unter einem Kanaldeckel direkt an der Ortsstraße hört man ihn noch rauschen. Einst war er in 22 Versen von dem dichtenden Bauern Johann Götz besungen worden. An den mächtigen Hörschel erinnert in einer nahen Wiese vielleicht der "Totenbrunnen", obgleich dieser von drei Brüdern erzählen soll, deren einer erschlagen wurde und der zweite einem Giftmord zum Opfer gefallen ist.
Text: Erich Kropf
Mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung von Herrn Erich Kropf | Bamberg [ 2006 ]
Buch: Erich Kropf
"Hungerbrunnen | Tummler | Steinerne Rinne" mit ausführlichem Text u. Fotos [ 56 Seiten ] von Erich Kropf. Erschienen als 1. Auflage 2007 beim Heinrichs-Verlag GmbH Bamberg | Bayerische Verlagsanstalt Bamberg | ISBN 978-3-89889-122-6
Literatur und Quellen:
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Weisel, Hans: Arbeitskreis Heimatkunde im Fränkische - Schweiz - Verein. Rund um die Neideck. [ Erlangen 1983 ]
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